从未有过 [cong2 wei4 you3 guo4] [ Verb ] nie dagewesen
72 Daumesdick
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Es war ein armer Bauersmann, der saß Abends beim Herd undschürte das Feuer, und die Frau saß und spann. Da sprach er»wie ists so traurig, daß wir keine Kinder haben! es is...
Es war ein armer Bauersmann, der saß Abends beim Herd undschürte das Feuer, und die Frau saß und spann. Da sprach er»wie ists so traurig, daß wir keine Kinder haben! es ist sostill bei uns, und in den andern Häusern gehts so laut und lustigher«. »Ja«, antwortete die Frau und seufzte,»wenns nur ein einziges wäre, und wenns auch ganz kleinwäre, nur Daumes groß, so wollt ich schon zufrieden sein;wir hättens doch von Herzen lieb.« Nun geschah es, daßdie Frau kränklich ward und nach sieben Monaten ein Kind gebar,das zwar an allen Gliedern vollkommen, aber nicht länger als einDaumen war. Da sprachen sie »es ist, wie wir es gewünschthaben, und es soll unser liebes Kind sein«, und nannten es nachseiner Gestalt Daumesdick. Sie ließens nicht an Nahrungfehlen, aber das Kind ward nicht größer, sondern blieb, wiees in der ersten Stunde gewesen war; doch schaute es verständigaus den Augen und zeigte sich bald als ein kluges und behendes Ding,dem alles glückte, was es anfieng.
Der Bauer machte sicheinmal fertig in den Wald zu gehen und Holz zu fällen; da spracher so vor sich hin »nun wollt ich, daß einer da wäre,der mir den Wagen nach brächte«. »O Vater«, riefDaumesdick, »den Wagen will ich schon bringen, verlaßt euchdrauf, er soll zur bestimmten Zeit im Walde sein.« Da lachte derMann und sprach »wie sollte das zugehen, du bist viel zu klein,um das Pferd mit dem Zügel zu leiten«. »Das thutnichts, Vater, wenn nur die Mutter anspannen will, ich setze mich demPferd ins Ohr und rufe ihm zu, wie es gehen soll.«»Nun«, antwortete der Vater, »einmal wollen wirsversuchen.« Als die Stunde kam, spannte die Mutter an und setzteden Daumesdick dem Pferd ins Ohr: da rief der Kleine, wie das Pferdgehen sollte, »jüh und joh! hott und har!« Da ging esganz ordentlich als wie bei einem Meister, und der Wagen fuhr denrechten Weg nach dem Walde. Es trug sich zu, als er eben um eine Eckebog, und der Kleine »har, har!« rief, daß zwei fremdeMänner daher kamen. »Mein«, sprach der eine, »wasist das? da fährt ein Wagen, und ein Fuhrmann ruft dem Pferde zuund ist doch nicht zu sehen.« »Das geht nicht mit rechtenDingen zu«, sagte der andere, »wir wollen dem Karren folgenund sehen, wo er anhält.« Der Wagen aber fuhr vollends inden Wald hinein und richtig zu dem Platze, wo das Holz gehauenward. Als Daumesdick seinen Vater erblickte, rief er ihm zu»siehst du, Vater, da bin ich mit dem Wagen, nun hol michherunter«. Der Vater faßte das Pferd mit der linken undholte mit der rechten sein Söhnlein aus dem Ohr, das sich ganzlustig auf einen Strohhalm niedersetzte. Als die beiden fremdenMänner den Daumesdick erblickten, wußten sie nicht, was sievor Verwunderung sagen sollten. Da nahm der eine den andern beiseitund sprach »hör, der kleine Kerl könnte unserGlück machen, wenn wir ihn in einer großen Stadt fürGeld sehen ließen: wir wollen ihn kaufen«. Sie giengen zudem Bauer und sprachen »verkauft uns den kleinen Mann, er sollsgut bei uns haben«. »Nein«, antwortete der Vater,»es ist mein Herzblatt und ist mir für alles Gold in derWelt nicht feil.« Daumesdick aber, als er von dem Handelhörte, kroch an den Rockfalten seines Vaters hinauf, stelltesich ihm auf die Schulter und sagte ihm ins Ohr »Vater, gib michnur hin, ich will schon wieder zu dir kommen«. Da gab ihn derVater für ein schones Stück Geld den beiden Männernhin. »Wo willst du sitzen?« sprachen sie zu ihm. »Ach,setzt mich nur auf den Rand von eurem Hut, da kann ich auf und abspazieren und die Gegend betrachten und falle doch nichtherunter.« Sie thaten ihm den Willen, und als Daumesdick Abschiedvon seinem Vater genommen hatte, machten sie sich mit ihm fort. Sogiengen sie, bis es dämmerig ward, da sprach der Kleine»hebt mich einmal herunter, es ist nöthig«. »Bleibnur droben«, sprach der Mann, auf dessen Kopf er saß,»ich will mir nichts draus machen, die Vögel lassen mir auchmanchmal was drauf fallen.« »Nein«, sprach Daumesdick,»ich weiß auch, was sich schickt: hebt mich nur geschwindherab.« Der Mann nahm den Hut ab und setzte den Kleinen auf einenAcker am Weg, da sprang und kroch er ein wenig zwischen den Schollenhin und her und schlüpfte dann auf einmal in ein Mausloch das ersich ausgesucht hatte. »Guten Abend ihr Herren, geht nur ohnemich heim«, rief er ihnen zu und lachte sie aus. Sie liefenherbei und stachen mit Stöcken in das Mausloch, aber das warvergebliche Mühe, Daumesdick kroch immer weiter zurück; undda es bald ganz dunkel ward, so mußten sie mit Aerger und mitleerem Beutel wieder heim wandern.
Als Daumesdick merkte,daß sie fort waren, kroch er aus dem unterirdischen Gang wiederhervor. »Es ist hier auf dem Acker in der Finsterniß sogefährlich gehen«, sprach er, »wie leicht bricht einerHals und Bein!« Zum Glück stieß er an ein leeresSchneckenhaus. »Gottlob«, sagte er, »da kann ich dieNacht sicher zubringen«, und setzte sich hinein. Nicht lang, alser eben einschlafen wollte, so hörte er zwei Männervorüber gehen, davon sprach der eine »wie wirs nur anfangen,um dem reichen Pfarrer sein Geld und sein Silber zu holen?«»Das könnt ich dir sagen«, rief Daumesdickdazwischen. »Was war das?« sprach der eine Dieb erschrocken,»ich hörte jemand sprechen.« Sie blieben stehen undhorchten, da sprach Daumesdick wieder »nehmt mich mit, so willich euch helfen«. »Wo bist du denn?« »Suchet nurhier auf der Erde und merkt, wo die Stimme herkommt«, antworteteer. Da fanden ihn endlich die Diebe und hoben ihn in dieHöhe. »Du kleiner Wicht, was willst du uns helfen!«sprachen sie. »Seht«, antwortete er, »ich kriechezwischen den Eisenstäben in die Kammer des Pfarrers hinein undreiche euch heraus, was ihr haben wollt.« »Wohlan«,sagten sie, »wir wollen sehen, was du kannst.« Als sie beidem Pfarrhaus kamen, kroch Daumesdick in die Kammer, schrie abergleich aus Leibeskräften »wollt ihr alles haben, was hierist?« Die Diebe erschraken und sagten »so sprich doch leise,damit niemand aufwacht«. Aber Daumesdick that, als hätte ersie nicht verstanden und schrie von neuem »was wollt ihr? wolltihr alles haben, was hier ist?« Das hörte die Köchin,die in der Stube daran schlief, richtete sich im Bette auf undhorchte. Die Diebe aber waren vor Schrecken ein Stück Wegszurückgelaufen, endlich faßten sie wieder Muth, dachten»der kleine Kerl will uns necken«, kamen zurück undflüsterten ihm hinein »nun mach Ernst und reich uns etwasheraus«. Da schrie Daumesdick noch einmal, so laut er konnte,»ich will euch ja alles geben, reicht nur die Händeherein«. Das hörte die horchende Magd ganz deutlich, sprangaus dem Bett und stolperte zur Thür herein. Die Diebe liefen fortund rannten, als wäre der wilde Jäger hinter ihnen: die Magdaber, als sie nichts bemerken konnte, gieng ein Lichtanzuzünden. Wie sie damit herbei kam, machte sich Daumesdick,ohne daß er gesehen wurde, hinaus in die Scheune: die Magd aber,nachdem sie alle Winkel durchgesucht und nichts gefunden hatte, legtesich endlich wieder zu Bett und glaubte, sie hätte mit offenenAugen und Ohren doch nur geträumt.
Daumesdick war in denHeuhälmchen herumgeklettert und hatte einen schönen Platzzum Schlafen gefunden: da wollte er sich ausruhen, bis es Tagwäre, und dann zu seinen Eltern wieder heim gehen. Aber ermußte andere Dinge erfahren! ja, es gibt viel Trübsal undNoth auf der Welt! Die Magd stieg, wie gewöhnlich, als der Taggraute, schon aus dem Bett und wollte das Vieh füttern. Ihrerster Gang war in die Scheune, wo sie einen Arm voll Heu packte undgerade dasjenige, worin der arme Daumesdick lag und schlief. Erschlief aber so fest, daß er nichts gewahr ward, auch nicht eheraufwachte als bis er in dem Maul der Kuh war, die ihn mit dem Heuaufgerafft hatte. »Ach Gott«, rief er, »wie bin ich indie Walkmühle gerathen!« merkte aber bald, wo er war. Dahieß es aufpassen, daß er nicht zwischen die Zähnekam und zermalmt ward, aber er mußte doch mit in den Magenhinabrutschen. »In dem Stübchen sind die Fenstervergessen«, sprach er, »und scheint keine Sonne hinein: einLicht wird gar nicht zu haben sein!« Ueberhaupt gefiel ihm dasQuartier schlecht, und was das schlimmste war, es kam immer mehr neuesHeu zur Thür herein und der Platz ward immer enger. Da rief erendlich in der Angst, so laut er konnte, »bringt mir kein frischFutter mehr, bringt mir kein frisch Futter mehr«. Die Magd melktegerade die Kuh, und als sie sprechen hörte, ohne jemand zu sehen,und es dieselbe Stimme war, die sie auch in der Nacht gehörthatte, erschrak sie so, daß sie von ihrem Stühlchen herabglitschte und die Milch verschüttete. Sie lief in dergrößten Hast zu ihrem Herrn und rief »ach Gott, HerrPfarrer, die Kuh hat geredet«. »Du bist verrückt«,antwortete der Pfarrer, gieng aber doch selbst in den Stallnachzusehen, was vor wäre. Aber kaum hatte er den Fußhineingesetzt, so rief Daumesdick eben aufs neue »bringt mir keinfrisch Futter mehr, bringt mir kein frisch Futter mehr«. Daerschrak der Pfarrer selbst, meinte, es wäre ein böser Geistund hieß die Kuh tödten. Nun ward sie geschlachtet, derMagen aber worin Daumesdick steckte, ward auf den Mistgeworfen. Daumesdick suchte sich hindurch zu arbeiten, und hattegroße Mühe damit, doch endlich brachte er es so weit,daß er Platz bekam, aber, als er eben sein Haupt herausstreckenwollte, kam ein neues Unglück. Ein hungriger Wolf sprang vorbeiund verschlang den ganzen Magen mit einem Schluck. Daumesdick verlorden Muth nicht, »vielleicht«, dachte er,»läßt der Wolf mit sich reden«, und rief ihm ausdem Wanste zu »lieber Wolf, ich weiß dir einen herrlichenFraß«. »Wo ist der zu holen?« sprach derWolf. »In dem und dem Haus, da mußt du durch die Gossehinein kriechen und wirst Kuchen, Speck und Wurst finden, so viel duessen willst«, und beschrieb ihm genau seines Vaters Haus. DerWolf ließ sich das nicht zweimal sagen, drängte sich in derNacht zur Gosse hinein und fraß in der Vorrathskammer nachHerzenslust. Als er satt war, wollte er wieder fort, aber er war sodick geworden, daß er denselben Weg nicht wieder hinauskonnte. Darauf hatte Daumesdick gerechnet und fieng nun an in dem Leibdes Wolfs einen gewaltigen Lärmen zu machen, tobte und schrie,was er konnte. »Willst du stille sein«, sprach der Wolf,»du weckst die Leute auf.« »Ei was«, antworteteder Kleine, »du hast dich satt gefressen, ich will mich auchlustig machen«, und fieng von neuem an aus allen Kräften zuschreien. Davon erwachte endlich sein Vater und seine Mutter, liefenan die Kammer und schauten durch die Spalte hinein. Wie sie sahen,daß ein Wolf darin hauste, liefen sie davon, und der Mann holtedie Axt, und die Frau die Sense. »Bleib dahinten«, sprachder Mann, als sie in die Kammer traten, »wenn ich ihm einenSchlag gegeben habe und er davon noch nicht todt ist, so mußt duauf ihn einhauen und ihm den Leib zerschneiden.« Da hörteDaumesdick die Stimme seines Vaters und rief »lieber Vater, ichbin hier, ich stecke im Leibe des Wolfs«. Sprach der Vater vollFreuden »gottlob, unser liebes Kind hat sich wiedergefunden«, und hieß der Frau die Sense wegthun, damitDaumesdick nicht beschädigt würde. Danach holte er aus undschlug dem Wolf einen Schlag auf den Kopf, daß er todtniederstürzte: dann suchten sie Messer und Scheere, schnitten ihmden Leib auf und zogen den Kleinen wieder hervor. »Ach«,sprach der Vater, »was haben wir für Sorge um dichausgestanden!« »Ja, Vater, ich bin viel in der Weltherumgekommen; gottlob, daß ich wieder frische Luftschöpfe.« »Wo bist du denn all gewesen?« »AchVater, ich war in einem Mauseloch, in einer Kuh Bauch und in einesWolfes Wanst: nun bleib ich bei euch.« »Und wir verkaufendich um alle Reichthümer der Welt nicht wieder.« Da herztenund küßten sie ihren lieben Daumesdick, gaben ihm zu essenund trinken und ließen ihm neue Kleider machen, denn dieseinigen waren ihm auf der Reise verdorben.